Liebe Leserin,
lieber Leser!
Gelegentlich fällt mir auf, dass es in pädagogischen und religionspädagogischen Zusammenhängen die Tendenz gibt, das Judentum lediglich historisierend vorzustellen: als »Wurzel« des Christentums, als Bezugsreligion Jesu. Die »Blüten« des jüdischen Lebens der Gegenwart, die Vielfalt der
religiösen Prägungen und Lebensstile kommen so nicht in den Blick.
Das von Matthias Bahr mit großem Engagement und in Zusammenarbeit mit Reinhold Boschki besorgte Heft räumt damit gründlich auf. Es nimmt die Verabschiedung von »Nostra Aetate – Über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen« vor 50 Jahren zum Anlass, in ein intensives Gespräch mit dem gelebten Judentum der Gegenwart zu treten. O-Töne der jungen jüdischen Generation gehören ebenso dazu wie jüdische und christliche Stimmen zur Wirkungsgeschichte von Nostra Aetate, aber auch religionspädagogische Hinweise für die Praxis, wie das Thema Judentum im christlichen Religionsunterricht lebens- und gegenwartsnah und unter Berücksichtigung auch der Erfahrungen von Verfolgung und Ausgrenzung zu erschließen ist.
Im zweiten Heft schwerpunkt finden sich zwei Beiträge von der Religionspädagogischen Jahrestagung des dkv im September 2014 in Paderborn zum Thema »Follow me – Zur Bedeutung der Lehrenden in religiösen Lernprozessen in Schule und Gemeinde«. Mehr zu dieser Tagung finden Sie auf der Homepage des dkv unter www.katecheten-verein.de.
Auch in diesem Heft heißt es Abschied nehmen: Von Heft 4/2005 bis zum vorliegenden Heft wurde die Rubrik »gefunden und notiert« von Bernhard und Iris Bosold betreut, die dafür gesorgt haben, dass Aktuelles und Wichtiges aus Kirche, Politik und Gesellschaft auch im religionspädagogischen Kontext bedacht wurde. Dafür sage ich sehr herzlichen Dank!
Begrüßen darf ich im Kreis der für die Katechetischen Blätter Verantwortlichen heute aber auch die neue Redakteurin Christine Hober, die sich Ihnen mit einer »Auslese« vorstellt. Bei der Lektüre aller Beiträge und Rubriken wünsche ich viel Vergnügen!
Rita Burrichter
Schriftleiterin
Inhaltsverzeichnis
Judentum heute
AUFTAKT
Matthias Bahr
82 »Wir sind keine Aliens«
Ein Interview mit zwei jungen Juden und zwei jungen Katholiken, die über ihre Religion und ihr Verhältnis zueinander reden.
REFLEXION
Andreas Renz
87 Die Juden und die katholische Kirche
»Nostra Aetate« steht für einen Lernprozess, der einzigartig in der Theologie- und Kirchengeschichte ist.
Julius H. Schoeps
92 »Den anderen lieben, obwohl er anders ist«
Der jüdische Religionsphilosoph Ernst Ludwig Ehrlich war eine kritische Stimme im jüdisch-christlichen Dialog und an den Beratungen um »Nostra Aetate« beteiligt.
Marcus Schroll
97 Jüdisches Leben in Deutschland heute
Die gegenwärtige Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland bietet Chancen, stellt aber auch vor neue Herausforderungen.
Willy Weisz
100 Jüdisches Leben in Österreich
Einblicke in eine vielschichtige Gemeinde.
Matthias Bahr, Reinhold Boschki
101 »Nostra Aetate« religionspädagogisch lesen
Interreligiöses Lernen, wie es »Nostra Aetate« provozieren will, braucht spezielle didaktische Reflexionen.
Simon Erlanger
106 Jüdisches Leben in der Schweiz
Ein Überblick über Geschichte und Gegenwart
PRAXIS
Elisabeth Naurath
108 Mit Grundschulkindern ins Gespräch kommen
Wenn Kinder das lebendige Judentum kennenlernen können, wird die friedenspädagogische Chance für eine religiöse Dialogfähigkeit im Grundschulalltag genutzt.
Uri R. Kaufmann
114 Lern- und Begegnungsorte zum Judentum im deutschsprachigen Raum
Synagogen, jüdische Museen, Spuren jüdischen Lebens in Vergangenheit und Gegenwart.
Rita Burrichter
116 Balanceakt des Grundsätzlichen
Die »Scales of Injustice« von Sigalit Landau sind auch Anstoß zum Nachdenken über Begründungen von Gerechtigkeit.
Bettina Reichmann
121 Unterrichtsmaterialien zum Thema Judentum
Eine Umschau zu neueren Materialien, die Kindern und Jugendlichen das Judentum in Deutschland auf lebendige Weise vorstellen.
Reinhold Boschki, Daniel Krochmalnik
125 Hat Gott das Chillen erfunden?
Schabbat und Sonntag zeigen, wie religiöse Traditionen den Alltag unterbrechen – eine Chance für christlich-jüdische Lernprozesse in der Schule.
Maja Nizguretski
130 Jüdische Jugendliche in Deutschland
Einblick in unbekannte Hintergründe: Was es für jüdische Jugendliche heißt, heute in Deutschland aufzuwachsen.
Bettina Rühm
134 Akzent Kirchgänge
Schutz und Schirm – Alte Kirche St. Salvator auf Pellworm
136 Gefunden und notiert
Glauben lehren als Beruf?
Oliver Reis
138 Der lernende Gott braucht lernende Menschen
Der trinitarische Gottesglaube ist wie ein Kompass, der zeigt, wie christliches Lernen geht.
Bernward Konermann
145 Das Netz auf der richtigen Seite auswerfen
14 handwerkliche Tipps für Gottesdienst und Religionsunterricht.
Annette Höing
148 Im Blick: Katechese
Elementarkatechese – überzeugend, verständlich und erfahrungsnah
152 Bücher
155 Auslese
156 Impressum
Praxisbeilagen
Praxis RU primar 1/15
Emotionstafeln im RU
Praxis RU sekundar 1/15 Was is(s)t
gottgefällig? Mahl halten in Christentum, Judentum und Islam
BILDSERIE | Judentum heute