Liebe Leserin, lieber Leser!
Wie lernt man beten? Gibt es dafür eine Naturbegabung oder braucht man eine »Schule des Betens«? Offenbar ist der Mensch fähig, in sich hineinzuhören. »Die leiseste, unhörbarste Stimme in mir ist meine Gebetsstimme«, notiert der Icherzähler in Martin Walsers Roman »Halbzeit«. Dennoch, sagen im Gebet Erfahrene, ist es gut, in eine Schule des Betens zu gehen, um die leise Stimme nicht in sich zu ermüden oder zu ersticken. So stellt uns das Beten ins Weite, Offene und öffnet für die Nähe zu Gott. Schweigen lernen, hören lernen und aus der eigenen Mitte heraus sprechen lernen mag eine Kunst sein, aber eine urmenschliche Kunst. Lernen geschieht von klein auf, Beten lernen ebenfalls. Noch ist es nicht aus der Welt, wie Christoph Morgenthaler (166-170) in einer Befragung festgestellt hat. In vielfältigen Formen und Vorformen gibt das den Kindern Flügel. Vreni Merz (182-186) zeigt Wege, über Leerformeln hinauszukommen und Beten in menschlichen Herzensbewegungen zu verankern. Aber die kritischeren Jugendlichen? Das Bittgebet ist der Prüfstein. Monika Jakobs, die zusammen mit Thomas Kiefer den Heftschwerpunkt gestaltet hat, lässt sich darauf ein. Matthias Lambrich berichtet von Widerfahrnissen, die er mit Schülerinnen, Schülern und im Lehrerkollegium gemacht hat (160ff). Und wer, der selbst Ähnliches versucht hat, könnte da nicht mitreden? Die Anregungen dieses Heftes haben auch darin ihr Gutes, dass sie zur Selbstbefragung des eigenen Gebetsverhaltens führen wollen. Dies gilt insbesondere für den theologisch gründlichen Beitrag von Ulrich Luke (171-175). Denn die Problematik anthropomorpher Gottesbilder ist jederzeit eine eingehende Auseinandersetzung wert. Doch wie wir es auch halten wollen, spirituelle »correctness« kann niemals allein von sich aus befriedigen: »Dürfen wir / dir nur ausgesuchte Worte sagen, / nur teure Sätze, / von Dichtern erfunden, / nur polierte Ausdrücke, / oder können wir dir auch kommen / mit den ranzigen Formeln, / aus denen / unsere Sprache meistens besteht?« (Gottfried Bachl).
Wilhelm Albrecht Schriftleiter
Inhaltsverzeichnis
THEMA: Beten
160 Von hartem Brot und süßer Speise
Matthias Lambrich
Beten in der Schule stößt auf mancherlei Widerstände.
166 Abendrituale und Gebetspraxis in Familien mit Kindern
Christoph Morgenthaler
Eine emprirische Untersuchung, ob und wie Eltern mit ihren Kindern beten.
171 Ein Gott, der mit sich reden lässt?
Ulrich Lüke
Eine Auseinandersetzung mit dem Vorwurf eines anthropomorphen Gottesbildes.
176 Theologische Randnotizen zum Thema Bitten und Für-Bitten
Monika Jakobs
Kann man eigentlich »falsch« bitten? Und wie macht man es dann »richtig«?
182 Lieber Gott, mach ...!
Vreni Merz
Anregungen, wie Kinder ein Beten jenseits von klischeehaften Sätzen lernen können.
187 Beten als Thema im konfessionsneutralen Unterricht?
Benno Bühlmann
Beispiele aus einem religionskundlich orientierten Unterricht.
193 Mit Haut und Haaren der Farbe ergeben
Wilhelm Albrecht
Für Rupprecht Geiger ist Farbe ein Urelement mit einer ganz eigenen geistig-spirituellen Dimension.
198 Beten im Internet?
Manfred Lay
Beobachtungen eines für Internetseelsorge Verantwortlichen.
204 Akzent
Rita Burrichter
Unver braucht: Nachdenken über Gegenwart
206 Gefunden und notiert
Bernhard und Iris Bosold
Fokus Praxis
208 Praxis - Gegenstand, Ort und Ziel religionspädagogischer Theorie
Hans Mendl
Einige Klärungen zur Bedeutung von Praxis für die Religionspädagogik.
216 Die Religiöse Kinderwoche 2007
Matthias Slowik
»Elisabeth, weil du es bist ...«
217 Ein Unterrichtskonzept zur »Ermöglichung religiöser Erfahrung«
Otmar Kampert/Klaus-Peter Klima
Wie kreative Unterbrechungen des Schulalltags Wahrnehmung und Achtsamkeit fördern können.
223 Im Blick: Jugendarbeit
Peter Hahnen
Lieder als Liturgie?
226 Literaturbericht
Dorothee Hölscher
Der Katholische Kinder- und Jugendbuchpreis 2007
230 Bücher
233 Auslese
Helen Schüngel-Straumann
234 Impressum
Materialbrief RU
Stefan Schwarzmüller
Sekundarstufe 2/2007: Elisabeth von Thüringen
Materialbrief RU
Astrid Heinemann/Margot Lehmeyer/Andrea Wirth
Primarstufe 2/2007: Mit allen Sinnen beten